Abstract:
Ziel dieser Arbeit ist es, die Rezeption von J. M. R. Lenz bei Paul Celan zu analysieren. Untersucht werden nicht die Werke von Lenz, sondern seine Figur, d.h. das, was Celan von Lenz durch G. Büchners Erzählung "Lenz" rezipiert hat, die allen hier untersuchten und in chronologischer Reihenfolge vorgestellten Werken zugrunde liegt, nämlich dem Gedicht "Stimmen", dem Prosatext "Gespräch im Gebirg", der Rede zur Verleihung des Büchner-Preises "Der Meridian" und dem Gedicht "Tübingen, Jänner".
Büchners Erzählung ist für Celan die einzige Quelle seiner Lenz-Rezeption und kann daher mit einem „Filter“ für das Verständnis von Lenz verglichen werden; Viele andere Autoren der deutschen Literatur, wie z.B. B. Brecht, haben Lenz auch durch Büchner rezipiert. Büchner ließ sich für seinen "Lenz" vor allem von zwei Quellen inspirieren, nämlich von den autobiographischen Schriften J. W. von Goethes, der Lenz noch zu Lebzeiten persönlich gekannt hatte, und von den Berichten des Philanthropen J. F. Oberlin, der sich während der Wochen, die Lenz in Walderbach (20. Januar-8. Februar 1778) im Griff seiner Wahnvorstellungen verbrachte, um ihn kümmerte. Büchner hat jedoch die Geisteskrankheit von Lenz stark betont und gewissermaßen einen „Mythos“ geschaffen, nämlich den eines Menschen, der den Wahnsinn symbolisiert, auf den sich Celan und andere große Namen der deutschen Literatur bezogen, wenn sie auf Lenz verwiesen. In welchen Formen die Lenz-Figur bei Celan dekliniert wird, wird daher untersucht.