Abstract:
Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen Goethes Dramen Clavigo, Stella, Die Geschwister, Egmont, Iphigenie auf Tauris und Torquato Tasso. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dabei auf dem Wandel, den Goethes Frauenbild im Zeitraum ihrer Entstehung erlebt, wobei in den genannten Dramen in Bezug auf die weiblichen Figuren insgesamt eine progressive Emanzipation festzustellen ist. In Clavigo und Stella wirkt noch die traditionelle Konzeption männlicher Dominanz und Stärke nach. Im Drama Die Geschwister bewegen sich Wilhelm und Marianne bereits auf Augenhöhe und identifizieren sich beide mit den Werten der neuen bürgerlichen Klasse. Von Egmont an lässt sich in Bezug auf Goethes mehr und mehr „klassisches“ Ideal der Selbstvervollkommung des Menschen durch authentische Auseinandersetzung mit einer problemgeladenen Umwelt eine Vertauschung der Geschlechterrollen bemerken. Iphigenie widersetzt sich dann sogar im Verzicht auf jede Gewalt und Intrige in verschiedenen Konstellationen mit den männlichen Figuren deren Herrschafts- und Dominanzkonzepten und ethisch bedenklichen Interessen. Auch die Prinzessin Leonore erscheint in Torquato Tasso dem gänzlich realitätsfern in sie verliebten Dichter überlegen, insofern sie mit hoher menschlicher Reife erkennt, dass ihre Liebe unmöglich ist. Offensichtlich hat Goethe im Verlauf der Arbeit an den zu analysierende Dramen bezüglich der Gender-Thematik einen fundamentalen Paradigmenwechsel vollzogen.